Neue Richtlinie VDI 2083 Blatt 21 zur Reinheit von Medizinprodukten

Im Oktober 2019 wurde vom Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) eine neue Richtlinie zur Reinheit von Medizinprodukten veröffentlicht (VDI 2083 Blatt 21). Die Richtlinie entstand unter der Federführung des Fraunhofer-Instituts IPA in Stuttgart, das seine langjährige Erfahrung im Bereich der Bauteilsauberkeit aus der Automobilindustrie eingebracht hat. Offensichtlich wurde dadurch Sensibilität für ein wichtiges Thema geweckt – in unserem Prüflabor beobachten wir in letzter Zeit eine steigende Nachfrage nach Sauberkeitsanalytik für Medizinprodukte. In diesem Beitrag informieren wir Kunden und Interessenten über wesentliche Aspekte der neuen Richtlinie.

 
Verschmutzungen durch Partikel

Generell sind die Inverkehrbringer von Medizinprodukten dafür verantwortlich, dass von ihren Produkten keine Gefahr für Patienten ausgeht. Dies schließt insbesondere Gefahren ein, die von Verunreinigungen ausgehen. Neben biologischen und chemischen Verunreinigungen, die seit langem routinemäßig untersucht werden, ist die Betrachtung von Schmutzpartikeln und deren Risikopotential ein neuerer Aspekt, der in der Richtlinie VDI 2083 Blatt 21 aufgegriffen wird.

Anforderungen hinsichtlich partikulärer Verunreinigungen werden seit jeher an flüssige Arzneimittel zur Injektion bzw. Infusion in die Blutbahn gestellt. Hier besteht das Risiko von Embolien und Gefäßverschlüssen, die durch Fremdpartikel verursacht werden. Es ist daher folgerichtig, äquivalente Bedingungen auch an die Reinheit von Medizinprodukten zu stellen, sofern diese mit dem Blutkreislauf in Kontakt kommen. Ähnliche Überlegungen gelten für Medizinprodukte in der Augenheilkunde und für Implantate.

Zur partikulären Reinheitsbestimmung empfiehlt die Richtlinie im VDI 2083 Blatt 21 die analytischen Methoden, die sich in der Automobilindustrie zur Sauberkeitsanalyse bestens bewährt haben und in internationalen Normen (VDA-19 Band 1 und ISO-16232) festgelegt sind. Das Verfahren der Reinheitsprüfung besteht in der Extraktion der Verunreinigungen von der Produktoberfläche und in der Filtration auf eine Membrane. Die Analyse der Partikel wird anschließend mit mikroskopischen und spektroskopischen Methoden auf der Membrane durchgeführt.

 
Risikobasierter Ansatz

Neuartig ist der risikobasierte Ansatz, der es Herstellern und Anwendern ermöglicht unter Berücksichtigung existierender Normen zu nachvollziehbaren Akzeptanzkriterien für die Reinheitsbewertung zu kommen. Dabei ist zunächst die grundsätzliche Forderung zu beachten, dass Medizinprodukte frei von sichtbaren Partikeln sein müssen. Solche Schmutzpartikel können beim Patienten Allergien oder Fieber, Gewebeirritation und nicht-infektiöse Entzündungserscheinungen auslösen. Die Anforderung findet sich in verschiedenen Richtlinien und bedeutet, dass auf der Oberfläche des Medizinprodukts keine Partikel größer als 100 bis 200 µm vorhanden sind.

Für eine weitergehende Reinheitsbewertung ist der konkrete Anwendungsfall des Produkts zu betrachten. Bei Produkten mit hohem Risiko (z.B. intravaskuläre Katheter, ophthalmologische Werkzeuge) existieren zusätzlich strenge Anforderungen an kleine Schmutzpartikel bis 10 µm, die als Akzeptanzkriterium verwendet werden können. Eine besondere Stellung nehmen Verunreinigungen durch metallische Fremdpartikel (z.B. Aluminium) ein, die aufgrund Ihrer Toxizität zunehmend als kritisch eingestuft werden.

 
Empfehlungen für Hersteller und Anwender

Die neue Richtlinie VDI 2083 Blatt 21 gibt Herstellern und Anwendern einen Werkzeugkasten an die Hand, um das Risiko für Patienten durch Verschmutzungen auf Medizinprodukten zu beherrschen. Die Automobilindustrie verfolgt aus anderen Gründen einen ähnlichen Ansatz für die Sicherstellung der Bauteilsauberkeit. Hier hat sich gezeigt, dass eine einmalige Zertifizierung von Produkten nicht ausreicht, um die Qualität dauerhaft aufrecht zu erhalten. Die Abnehmer in der Automobilindustrie formulieren daher klare Akzeptanzkriterien, die Lieferanten regelmäßig und unabhängig überprüfen müssen.

Wir empfehlen aus diesem Grund eine konsequente Umsetzung regelmäßiger Qualitätskontrollen bei Medizinprodukten, insbesondere im kritischen Bereich der partikulären Reinheit, die bislang nicht durchgängig beachtet wird. Der Mehraufwand für diese Prüfungen ist überschaubar, der Sicherheitsgewinn für die Anwender und Patienten ist hingegen erheblich.

 

Benötigen Sie Beratung, Prüfdienstleistungen oder eigene Laborausstattung für die Umsetzung der VDI 2083 Blatt 21? Unser Team von Experten berät Sie gerne weiter.

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